Familie Arnold Hardt

Die Familie Hardt lässt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Schon früh widmete sie sich dem Tuchmacherhandwerk, welches in Lennep bereits seit dem 15. Jahrhundert belegt ist. Die Weber waren, wie auch andere Handwerker, in Zünften organisiert, die zwar für ihre Zunftmitglieder sorgten, indem Arbeit und damit Verdienst unter allen gleich aufgeteilt wurde, jedoch keinen Raum ließen für Entwicklung und Innovationen. So durfte z.B. jeder Meister nur einen Webstuhl betreiben. 

In der Schulgeschichte des Röntgengymnasiums von 1991 heißt es „ … Der Niedergang der Lenneper Tuche schien unaufhaltsam, als sich im Jahre 1695 fünf Lenneper Kaufleute: Peter Moll, Gottfried Wülfing, Johann Hermann Frielinghaus und die Brüder Melchior und Daniel Hardt zu einer Gesellschaft zusammenschlossen, um in Lennep die Fertigung von feinen Laken aus spanischer Wolle einzuführen. Dazu holten sie sogar fremde Weber, Scherer und Bereiter in die Stadt. Um die Zunftordnungen zu umgehen, die sich nur auf grobe Tuche mit 1000 bis 1600 Kettfäden bezogen, steigerten sie die Zahl der Kettfäden für ihre Feintuche auf 2100 bis 2600. Der Erfolg war so groß, dass die Fabrikation grober Tuche zusammenbrach und sich die alte Weberzunft 1731 auflöste. Ende des ersten Viertels des 18. Jh. hatten die neuen Lenneper Tuche alle anderen im Bergischen verdrängt. Die Lenneper Kaufleute wurden Verleger, das heißt sie ließen die Weber in der eigenen Stadt, in Wipperfürth, Hückeswagen, Radevormwald und Neviges auf ihre Rechnung arbeiten. …“.

Die Hardts webten nun also nicht mehr selbst, sondern waren Fabrikanten und Kaufleute geworden, immer darauf bedacht, die Qualität der hergestellten Wollstoffe zu verbessern und auszuweiten und diese dann gewinnbringend zu verkaufen. Sie waren hochgeachtet, Ratsherren, Richter und Bürgermeister kamen aus ihren Reihen und viele Stiftungen zugunsten Stadt- und Kirchengemeinde ergingen aus dem Familienvermögen.

Engelbert Hardt wurde am 19.11.1783 in Lennep geboren. Er heiratete 1808 Louise Hasenclever. Aus der Ehe Engelbert und Louise Hardt stammen acht Kinder, weitere zwei Kinder starben im Kindesalter. Sie legten damit den Grundstein einer bergischen Großfamilie mit großem Ansehen, Einfluss und Erfolg. Noch verhältnismäßig jung trat Engelbert Hardt mit seinem Bruder Johann Arnold Hardt in das elterliche Geschäft ein. Zusammen mit seinem Bruder konsolidierte er die Firma Johann Wülfing & Sohn zum Zweck der Tuchfabrikation. Zwänge der Zünfte und der Handbetrieb wurden überwunden. Pro Jahr produzierte man nur ca. 500 Stücke Tuch. Das Absatzgebiet war hauptsächlich der Norden Deutschlands über Hamburg und Lübeck hinaus bis Kopenhagen. Seine Firma war eine der ersten, die die neu erfundenen Maschinen einführte, wodurch die Fabrikation einen großen Aufschwung erhielt. Die wachsende Zahl der Maschinen machte den Einsatz von Wasserkraft notwendig. Er kaufte er die in Dahlerau befindlichen Hämmer der Familie Busch, die eine Wasserkraft von 100 PS repräsentierten. Der Absatz wurde vergrößert und der Betrieb wurde mehr und mehr ausgebaut. Die Produktion stieg auf 5000 Stücke pro Jahr. 1836 zerstörte ein gewaltiger Brand die Anlage. Doch Engelbert Hardt ließ den Mut nicht sinken. Innerhalb kürzester Zeit ließ er einen Neubau errichten und bestückte diesen mit den neuesten Maschinen. Die Produktion konnte auf 6000 Stück gesteigert werden. Gleichzeitig suchte er nach neuen Absatzgebieten in Nord- und Südamerika. Schon Anfang der 40er Jahre wurden dort Verbindungen geknüpft. Da nicht alle fünf Söhne in die Firma eintreten konnten bestimmte er zwei für den Absatz in Nordamerika.1845 reiste Heinrich, 25 Jahre, nach New York, 1846 folgte ihm Richard 23 Jahre. Am 1. Juli 1847 gründeten sie dort die Firma Hardt & Co. Die Produktion in Dahlerau wurde auf 10.000 Stück Tuch im Jahr gesteigert. Die Firma machte in den folgenden Jahren hohe Gewinne. Die Inhaber wurden reich und gehörten zu den angesehensten Kaufleuten ihrer Branche. Zusammen mit seiner Frau Louise führte Engelbert Hardt eine sehr harmonische Ehe, da beide stark im christlichen Glauben verbunden waren. Ihren Kindern wollten sie immer ein gutes Vorbild sein. Sie waren sehr großzügig gegenüber Notleidenden, lebten aber selber eher einfach, jedoch ihrem Stand entsprechend repräsentativ. Am 17.04.1850 starb Engelbert Hardt im Kreise seiner Familie an einem Schlaganfall. Er war ein geachteter Mann seiner Vaterstadt Lennep, tätig in städtischer und kirchlicher Verwaltung. Von seinem König hatte er den roten Adlerorden erhalten. Richard v. Hardt, geb. 1824, gest. 1898, schreibt über seine Vater Engelbert Hardt: Er war ein Mann von großer Herzensgüte, frommer Sinnesart und begabt mit einem klaren, praktischen Verstand, welcher ihn in den Stand versetzte, seine Firma zu den ersten des Bergischen Landes zu erheben.

Die Firma Johann Wülfing & Sohn existierte bis ins Jahr 1993, die Firma Hardt & Co besteht noch heute als Verwaltungsgesellschaft der Familie Engelbert Hardt, Duisburger, bzw. Berliner Linie.

Louise Hardt geb. Hasenclever wurde am 15.12.1787 in Remscheid geboren. Sie war Mitglied des Evangelischen Frauenvereins zu Lennep, der sich besonders der Fürsorge von Kindern annahm. Ihr Name steht als erstes unter der Gründungsakte für eine „Kinderbewahranstalt“ aus dem Jahre 1849. Louise Hardt starb am 25. Dezember 1867. Am 10.Oktober 1995 gründete die Familie Hardt mit Eltern und ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern des Kinderhauses Westerholt, das 1871 durch den Evangelischen Frauenverein zu Lennep in der ehemaligen Vikariestraße, heute Hardtstraße, gebaut wurde, die Louise Hardt Stiftung e.V . als Hilfswerk für Kinder und Jugendliche im Kirchenkreis Lennep. 

Johann Arnold Hardt wurde am 24.12.1740 in Lennep geboren. Er heiratete im August 1772 Anna Wülfing , die Tochter von Johann Wülfing, der eine Tuchfabrik in Dahlerau betrieb, und Anna Christina Hardt. (Sein Bruder, Johann Engelbert Hardt, heiratete später die Schwester der Braut, Clara Christine Wülfing.) Aus der Ehe stammen fünf Kinder. Johann Arnold Hardt wurde 1774 in die Tuchfabrik seines Schwiegervaters Johann Wülfing aufgenommen und sie gründeten die Firma Johann Wülfing & Sohn. Johann Arnold war außerdem Mitinhaber einer Weingroßhandlung in Köln. Er war wiederholt Bürgermeister und Stadtrichter in Lennep und bildete mit dem Richter Philipp Henke die Deputation, welche am 26. März 1806 in Düsseldorf dem Schwager Kaiser Napoleons, Joachim Murat, huldigte, als diesem das Großherzogtum Berg übertragen worden war. Johann Arnold Hardt starb am 20.01.1815 in Lennep.   

Johann Arnold Hardt

Anna Hardt geb. Wülfing 

Johann Arnold Hardt wurde am 21.06.1778 geboren. Er war zweimal verheiratet: 1. Ehe 1804 mit Elise Paas, sie starb 1818, 2. Ehe 1819 mit Helene Friederike Karsch. Aus der ersten Ehe stammen zwei Kinder, weitere drei Kinder starben im Kindesalter. Johann Arnold Hardt war nur eine kurze Lebenszeit von annähernd 46 Jahren beschieden. Er hat die Gründung der Tuchfabrik in Dahlerau nur um 9 Jahre überlebt und starb am 4.04.1824. Von Johann Arnold Hardt ist wenig überliefert. Für seine Charaktereigenschaften spricht der in der Allgemeinen Zeitung Elberfeld am 8.April 1824 erschienene Nachruf mit F. Sp. unterzeichnet:

Er ist nicht mehr! Der Mann voll regen Sinnes für Gutes und Gemeinwohl, die Thränen, der Wehmut, von Witwen und Waisen nachgeweint verkünden: dass Allen er Freund und Helfender Ratgeber war. Sanft wie der Bach dahineilt, durch lechzende Fluren und Auen, so floss sein Leben durch Werke der Liebe, des Wohlthuns dahin. Ihm blüht im Herzen der Seinen, die näher ihn kannten und liebten: Ein unvergessliches Denkmal!   

Anna Hardt wurde am 8. Juni 1779 als in der Ehe von Johann Arnold Hardt und Anna Wülfing geboren. Sie blieb unverheiratet. Anna Hardt wohnte in Lennep im Haus Schwelmer Str. 18, was nach ihrem Tode am 13. Juni 1838 zeitweilig Kontor der Firma Johann Wülfing & Sohn wurde. Ihr Nachlass von ca. 1000 Thalern bildete mit dem Nachlass ihrer Schwester Christine, verh. Buchholz, das Grundkapital der Anna Hardt Stiftung . Die beiden Nachlässe blieben Jahre unangetastet, bis die Idee reifte, eine Stiftung einzurichten, zur Unterstützung armer Familienangehöriger. 1989 wurde der soziale Charakter der Stiftung umgewandelt in eine Kulturstiftung. Heute ist die Anna Hardt Stiftung e.V. Trägerverein für das 1997 gegründete Tuchmuseum Lennep.

Albert Hardt wurde am 16.10.1811 geboren. Er heiratete am 20. August 1839 Auguste Müller aus Hückeswagen. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor, weitere zwei Kinder starben im Kindesalter. Albert Hardt trat 1841 in die Firma Johann Wülfing & Sohn ein, die er zusammen mit seinem Vetter Arnold Wilhelm Hardt leitete. In die Teilhaberzeit fällt 1866 der Ankauf von Dahlhausen und 1879 die Gründung der Kammgarnspinnerei in Lennep. Am 27. Mai 1862 kaufte er von Adolf Bauendahl und dessen Geschwistern das am Kölner Tor (Kölner Straße) gelegene Wohnhaus mit Hintergebäude (das Gebäude, in dem die Deutsche Bank war). Der hintere Teil des Grundstücks wurde 1951 zum Albert-Hardt-Platz umgestaltet. Dieser Teil ist heute Teil des Hardtparks, der durch die Wupperstraße getrennt ist. Im März 1888 wurde Albert Hardt der Titel Geheimer Kommerzienrat verliehen. Er war Mitglied des Stadtverordnetenrates. Albert Hardt war sehr leutselig, liebenswert und freigiebig. 1890 stiftete er eine Gasbeleuchtung für die Stadtkirche. Er war ein beliebter Bürger seiner Heimatstadt Lennep und starb am 21.11.1890.

Auguste Hardt geb. Müller 

Albert Hardt

Arnold Wilhelm Hardt wurde am 10.08.1843 in Lennep geboren. Er heiratete 1871 Mathilde Rheinen aus Blankenstein. Aus der Ehe stammen fünf Kinder. Arnold Wilhelm Hardt trat 1871 in das väterliche Unternehmen Johann Wülfing & Sohn ein. Sein Lebenswerk ist in erster Linie der Ausbau der 1880/1881 in Betrieb genommenen Kammgarnspinnerei in Lennep. Das Unternehmen zählte mit rund 2000 Mitarbeitern zu den größten der Branche. Seit 1897 war er Stadtverordneter, als solcher Mitglied der Finanzkommission, Mitglied der Bergischen Handelskammer und deren Präsident in den Jahren 1888 bis 1893, Mitbegründer und langjähriger Vorsitzender des Bergischen Vereins für Gemeinwohl, Vorsitzender des Krankenhaus-Vereins in Lennep, in welchem er 20 Jahre tätig war, Ehrenmitglied des Evangelischen Arbeitervereins und Mitglied des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Lennep, außerdem Mitglied des Kreisausschusses und Provinziallandtages. Für seine Verdienste erhielt er 1890 den Roten Adlerorden IV. Klasse, 1893 die Ernennung zum Kommerzienrat und 1895 die Medaille für die Unterstützung beim Bau der Kaiser Wilhelm Gedächtniskirche in Berlin. Zum Anlass ihrer Silberhochzeit stifteten die Eheleute Arnold Wilhelm und Mathilde Hardt am 3. Dezember 1896 10.000 Mark an die Gemeinde Lennep für Verwahrloste (damals das Wort für Waisen, also Kinder, die ihre „Verwahrung“ verloren hatten), 5.000 Mark für die Gemeinde-Diakonissen und 5.000 Mark für die Evangelische Gemeinde Blankenstein, den Geburtsort der Silberbraut. Für den Kapellenbau des Krankenhauses wurde ein Zuschuss gegeben und für die gleiche Anstalt ein „Freibett“, d.h. eine Summe, aus deren Zinsen Bedürftige kostenlos in das Krankenhaus aufgenommen werden konnten. Arnold Wilhelm Hardt starb am 26.11.1897 vorzeitig im Alter von nur 54 Jahren.

Arnold Wilhelm Hardt wurde am 13.07.1882 geboren. Nach seiner Schulzeit und einem halbjährigen Aufenthalt in England trat er am 1. Oktober 1901 in das kaufmännische Leben als Lehrling in der Kammgarnspinnerei der Firma Johann Wülfing & Sohn in Lennep ein. 1907 reiste er nach Süd- und Nordamerika, Australien und Asien, wo er Geschäftsbeziehungen knüpfte und vertiefte. 1909 heiratete er Lili Schröder, die Tochter des Lenneper Tuchfabrikanten Emil Schröder. Die Ehe blieb kinderlos.  Am 1. Januar 1910 wurde Arnold Hardt Mitinhaber der Firma Johann Wülfing & Sohn. Zusammen mit Hermann Hardt übernahm er die Leitung der Kammgarnspinnerei sowie der Zentrale. Neben den kaufmännischen widmete er sich auch technischen Aufgaben. Im Ersten Weltkrieg erlitt er eine Knieverletzung wegen der er 1917 aus dem Dienst ausschied und 1918 in das Lenneper Geschäft zurückkehrte, wo er bis 1938 in Gemeinschaft mit Hermann Hardt und nach dessen Tod bis 1947 allein die Leitung der Kammgarnspinnerei inne hatte. 1947 schied er als verantwortlicher Teilhaber aus der Firma aus. Arnold Hardt war unter Bürgermeister Nohl von etwa 1924 bis 1929 Stadtverordneter der Stadt Lennep. 1929 wurde Lennep nach Remscheid eingemeindet. Neben seinen geschäftlichen Verpflichtungen war Arnold Hardt, wie schon sein Vater, an forstwirtschaftlichen Aufgaben interessiert. Die Pflege des Waldes und dem Schutz der Tiere widmete er seine Kraft. Um dem Raubbau im bergischen Bauernwald Einhalt zu gebieten, gründete er den Verein für Waldschutz und Aufforstung, als dessen Vorsitzender er sich jahrelang betätigte. Nach dem Tode von Rudolf Hardt hatte er sich des Krankenhaus-Vereins angenommen und die Planung und den Ausbau des Krankenhauses übernommen. Arnold Wilhelm Hardt starb am 5.07.1975 auf seinem Forstgut Westerholt in Lennep.

 

Quellen: Stadtarchiv Remscheid; Familienstammbaum der Familie Hardt; Tuchmuseum Lennep